Frühlíngsboten
Marbacher Zeitung vom 20.06.2011
Erlebter Frühling
Igel in und um Marbach - Meine Geschichte
Im Rahmen der Aktion "Erlebter Frühling" hat der NABU kürzlich Arbeitsmaterial zu vier Frühlingsboten (Gartenrotschwanz, Bänderschnecken, Igel und Apfelbaum) an die Marbacher Schulen überreicht.
Klaus Ruge hat über den Igel geschrieben.
Leider, Igel sehen wir häufiger tot auf der Straße als lebend im Garten, in den Obstwiesen oder am Waldrand. Igel nämlich sind Tagschläfer. Nur in den Nachtstunden sind sie munter und gehen auf
Nahrungssuche. Regenwürmer, Gehäuseschnecken, Ohrwürmer, Käfer, gelegentlich wohl auch mal eben geborene Mäusekinder und noch mancherlei andere kleine Tiere, die am oder im Boden leben, stehen
auf dem Igel-Speisezettel. Trotz der vielen Verkehrsopfer: noch sind Igel allenthalben in Marbach und im Bottwartal zu finden.
Kürzlich, ich saß abends am Schreibtisch, da hörte ich durchs offene Fenster merkwürdig fauchende, schnaufende Laute. Ich konnte mir darauf keinen Reim machen, ging in den Garten. Zuerst sah ich
nichts, denn es war ja schon dunkel. Doch nach einer Weile erkannte ich einen Igel und dann noch einen zweiten. Männchen und Weibchen schloss ich messerscharf. Allerdings, der eine Igel,
vermutlich das Weibchen, stupste den anderen mehrmals fort. Doch so ernst waren die Knüffe wohl nicht gemeint, mir schien dieses Gerangel mehr spielerisch. Wie - überlegte ich mir - schafft es
das Igelmännchen, das Weibchen zu begatten? Schließlich ist so ein Igel-Weib eine recht stachlige Angelegenheit.
Mein Igel-Paar war nicht gewillt, mir das zu zeigen. Drum musste ich in meinen Büchern nachlesen. Die alten Griechen glaubten, so las ich, Igel stünden bei der Begattung Bauch an Bauch. Das
könnte sicher eine Möglichkeit sein, allerdings ein bisschen wackelig. Aber die modernen Zoologen wissen es besser. Das paarungsbereite Weibchen - steht im Grzimek - drückt sich an den Boden,
streckt die Hinterbeine aus, hebt das Becken und legt die Stacheln flach an. Dann steigt das Männchen auf, stützt sich mit den Vorderbeinen auf das Weibchen und die Paarung ist möglich.
Nun hoffe ich natürlich, dass auch in meinem Garten Igelkinder zur Welt kommen. Fünf bis sechs Wochen dauert die Tragzeit. Auch das steht im schlauen Buch, ebenso, dass die ersten Igel jetzt
schon geboren sein können. Die meisten kommen im August auf die Welt.
Fünf bis sieben Kinder bekommen Igel durchschnittlich. Die Stacheln erscheinen erst kurz nach der Geburt. Zuerst haben die kleinen Igel noch verschlossene Augen und Ohren, und sie trinken sich an
ihrer Mutter satt - wie alle Säuger. Wenn sie das Nest zum ersten Mal verlassen, sind sie drei bis vier Wochen alt. Mit sechs Wochen sind sie selbstständig.
Dann heißt es fressen, fressen, fressen, denn bis zum Winteranfang müssen sich alle Igel ein reichliches Fettpolster angefressen haben.
Denn einerseits wird die Nahrung im Winter dürftiger. Es gibt weniger Regenwürmer, er findet keine Schnecken mehr. Und schauen wir uns das Stachelkleid des Igels an, so sind wir gewiss nicht
davon überzeugt, dass es ein wirksamer Schutz gegen Kälte ist.
Darum verschlafen Igel die kalte Jahreszeit. Unter Winterschlaf verstehen wir die Fähigkeit, während des nahrungsarmen Winters in Lethargie zu fallen. Der Winterschlaf erscheint als eine
sinnreiche Weise, den Winter zu überdauern. Merkwürdig ist, dass nicht allein der Mangel an Futter die Neigung zum Winterschlaf verursacht. Ehe noch die Nahrung knapp wird und der Frost die Erde
gefrieren lässt, bereitet sich der Igel auf den Winterschlaf vor. Unter der Hecke, unter einem Reisighaufen, sucht er sich einen Hohlraum, polstert ihn mit Laub und trockenem Gras. Dort rollt er
sich zu einer Kugel ein und ratzt vor sich hin. Im Winterschlaf sind alle Lebensfunktionen auf ein Minimum herabgesetzt. Die Körpertemperatur sinkt und nähert sich der Umgebungstemperatur. Der
Herzschlag ist verlangsamt. Das Tier atmet nur noch selten. Sinkt die Körpertemperatur zu stark, steigt der Stoffwechsel so weit, dass entweder wieder eine ausreichende Temperatur erreicht wird,
oder das Tier erwacht vorübergehend aus seiner Lethargie. Es wird berichtet, dass es sich dann zuweilen ein wärmeres Lager sucht. Doch das Wachwerden bedeutet immer einen großen Verlust an
Energie.
Igel können übrigens bis zu sieben Jahre alt werden. Die meisten schaffen dies Alter jedoch nicht. Die durchschnittliche Lebenserwartung dürfte kaum über zwei Jahre liegen. Aber noch haben wir ja
den Igelsommer vor uns. Wenn wir unserem Gartenigel an heißen Tagen etwas Gutes tun wollen, dann können wir ihm ein Schälchen mit Wasser - nicht mit Milch - hinstellen. Milch führt zu
Verdauungsproblemen.
Wer Igel Fragen hat, kann sich an den Nabu Marbach wenden: Lilienstr 2, Marbach, charis.mutschler@t-online.de. Klaus Ruge
Marbacher Zeitung 14.05.2011:
Die Bänderschnecken sind Boten des Frühlings
Naturschutzbund Mit der Aktion "Erlebter Frühling" sind Arbeitsmaterialien an die Marbacher Schulen überreicht worden.
Vier Boten (Gartenrotschwanz, Bänderschnecken, Igel und Apfelbaum) kündigen den Frühling an. Heute stellen wir die zweiten Frühlingsboten vor, die Bänderschnecken. Der Mai ist eine fruchtbare Zeit. Nicht nur die Vögel legen Eier und brüten ihre Jungen aus, nicht nur das Rehkitz wird im Mai geboren auch die Schnecken packt im Mai die Lust. Wenn es feucht genug ist, kriechen sie umher und suchen nach einem Partner. Nicht etwa die eine ein Männchen oder die andere ein Weibchen, das ist nicht was sie brauchen, denn Bänderschnecken, die bei uns auch Schnirkelschnecken genannt werden, sind beides, sie sind Männchen und Weibchen zugleich, eben Zwitter. Und trotzdem brauchen sie einen Partner, um sich fortzupflanzen. Um diesen anzuregen, stoßen sie sich gegenseitig kleine Kalkpfeile in die Haut. Liebespfeile haben Zoologen sie genannt. Nach der Paarung geht wieder jeder seines Weges. Die Bänderschnecke gräbt kleine Höhlungen in die Erde und legt dort weißliche Eier hinein, die wie winzige Erbsen aussehen. Etwa nach zwei Wochen schlüpfen die Schneckenzwerge aus dem Ei.
Noch ist ihr Haus hauchdünn und die schöne Bänderung ist kaum zu erahnen. Bänderschnecken sind nicht nur ganz unterschiedlich gebändert, sie haben auch alle möglichen Farben: gelb, rosa, rot. Fast möchte man entsprechend dem Sprichwort kein Ei gleicht dem anderen" sagen, keine Schnecke gleicht der anderen. Und trotz der großen Unterschiede der Einzelschnecken leben bei uns nur zwei Bänderschnecken-Arten, und die unterscheidet man an ihrem "Mund", der Öffnung des Gehäuses. Die Hainbänderschnecke hat einen dunklen, die Gartenbänderschnecke einen weißen Mund. Darum nennt man sie Weißmündige Bänderschnecke" oder Schwarzmündigen Bänderschnecke".
Bänderschnecken finden wir auch im Garten, aber viel öfter an Böschungen oder Heckenrändern. Wenn die Salatpflanzen bei uns im Garten angefressen sind, ist die Bänderschnecke meistens unschuldig. Dafür sind die gehäuselosen Wegschnecken zuständig. Bänderschnecken bevorzugen Algenkost, die sie überall in feuchten Bereichen finden. Gelegentlich schaben sie auch an einer toten Schnecke. Schaben, denn Zähne so wie wir haben Schnecken nicht Mit ihrer Raspelzunge, die mit kleinen Zähnchen übersät ist, zerkleinern sie ihre Nahrung.
Für Schnecken hat das Schicksal oder besser die Evolution gut gesorgt. Sie tragen ihr Fluchthaus stets mit sich. Wenn Gefahr droht von Igel oder Spitzmäusen, ziehen sie sich flugs darin zurück. Bei großer Kälte verbergen sie ihr Haus geschützt im Boden, bei Trockenheit sieht man die Bänderschnecken oft in ganzen Gruppen an irgendwelchen Stängeln oder Halmen am Wegrand. Mit Schneckenschleim ist dann ihr Haus gegen Verdunstung gesichert.
Kürzlich schlenderte ich gegenüber von Benningen zwischen Neckar und Reben. Auf einmal hörte ich ein sanftes Tock-tock. Irgendjemand klopfte am Boden. Suchend schaute ich durch mein Fernglas und entdeckte eine Singdrossel. Sie hatte etwas dickes Rundes im Schnabel und schlug damit auf den Stein einer Weinbergstaffel. Nach einer Weile erkannte ich, die Singdrossel zertrümmerte das Haus einer Bänderschnecke. Dann verschlang sie den nackten Schneckenkörper. Natürlich hab ich mir die Schneckenschmiede angeschaut. Da lag eine ganze Sammlung von bunten Schalentrümmern. Es gibt eine Reihe von Tieren die Bänderschnecken zum Fressen gern haben. Dazu gehört auch die Larve der Leuchtkäfer, der Glühwürmchen, die wir an lauen Sommerabenden entdecken können.
Er kriecht wie eine Schnecke", sagt man. Ich bin manches Mal nach einem Regen in meinem Garten oder im Lembergwald. Wenn ich dann Schnecken auf dem Weg oder an einem Baumstamm beobachte, bin ich doch immer wieder erstaunt, wie schnell sie voran kommen. Dabei entdeckte ich auch, wie beim Schneckengang eine Bewegung wie eine Welle durch den Fuß rollt. So kommt die Schnecke immer ein Stückchen weiter. Mögen wir uns zuweilen über das Schneckentempo unserer Mitmenschen erregen, über Menschen die nicht dem Geschwindigkeitsrausch erliegen. Schnecken zeigen uns, auch entschleunigtes Leben kann erfolgreich sein.
Klaus Ruge, NABU Marbach
Marbacher Zeitung vom 20.04.2011:
Schüler sollen den Frühling bewusster erleben
Mit einer symbolischen Übergabe ist eine Aktion des NAJU gestern in der Uhlandschule gestartet worden.
Der Frühling zeigt sich, die wärmende Sonne und die duftenden Blüten auf den Bäumen locken die Menschen in die Natur. Die Jugendorganisation des Naturschutzbundes NAJU jedoch lockt Kinder und
Jugendliche mit etwas anderen Frühlingsboten, um die Natur und was in ihr lebt, besser kennen zu lernen. Mit den vier thematisch unterschiedlichen Arbeitsheften "Erlebter Frühling" nämlich, die
alljährlich vom NAJU ausgewählt werden, tritt die Organisation an Kindergärten und Schulen heran, um Kinder bis zum Alter von etwa 13 Jahren mit interessanten Anregungen für das Thema Natur zu
begeistern. Gestern erhielt der Rektor der Uhlandschule, Bernd Schlegel, in Marbach die ersten Informationen und Unterlagen von Charis Mutschler überreicht. Sie informiert über den "Erlebten
Frühling" und engagiert sich dafür, dass zahlreiche Einrichtungen mitmachen.
Schwerpunktmäßig werden an der Uhlandschule die Klassen 4 und 5 mit den entsprechenden Materialien zu den Themen Bänderschnecke, Gartenrotschwanz, Braunbrust-Igel und Apfelbaum versorgt, um nach
den Osterferien in die Aktion zu starten, die am Dienstag mit der symbolischen Übergabe an die Klasse 4b begann. Die Klassenlehrerin Annett Schmidt wird sich dann einem der vorgegebenen Themen
besonders annehmen und mit den zwölf Kindern im Alter von neun und zehn Jahren überlegen, welche Ideen sie künftig selbst entwickeln könnten. Der Fantasie sind bei dem Projekt nämlich keine
Grenzen gesetzt. Ob Theater- und Puppenspiele oder kleine Videofilme, alles ist erwünscht, damit sich die Schüler intensiv mit dem gewählten Thema auseinandersetzen.
Bernd Schlegel ist für alle möglichen Impulse offen. Mit Klaus Ruge, dem Vorsitzenden des NABU, Ortsgruppe Marbach, hat der Schulleiter schon gute Erfahrungen in der Zusammenarbeit machen können. Begeistert erinnert er sich an die Heranführung seiner Schüler zum Thema Wölfe. "Den Kindern wurde damals Wolfsgeheul vorgespielt, deren stimmlicher Verlauf etwa einer Wolfs-Mutter oder einem jungen Wolf zugeordnet werden konnte", erinnert sich der Pädagoge. Die positive Erfahrung lässt ihn auch jetzt dem Projekt positiv gegenüber stehen. "Außerdem decken sich manche Themen mit dem Bildungsplan", fügt er hinzu und denkt, dass mit Hilfe des NAJU-Projektes der Blick der Schüler noch um einiges geschärft werden kann. "Und nicht nur bei den Kindern", meint er lächelnd. "Manch einem Kollegen ist bestimmt noch nicht bewusst, dass etwa der Gartenrotschwanz Vogel des Jahres 2011 ist." Ab sofort können sich die Schüler mit Fragen auseinandersetzen, wie etwa: "Wo auf der Marbacher Markung leben Gartenrotschwänze?" Oder sie bauen eine Nisthöhle für den Vogel, entdecken den Lebensraum der Bänderschnecke oder finden gar den Schneckenkönig. Wer dann noch besonders gute Ideen bei dem Projekt entwickelt, hat die Chance, einen der ausgesetzten Preise zu gewinnen. Wir werden über den weiteren Verlauf der Aktion berichten.
Von Cornelia Ohst / VKZ
Marbacher Zeitung vom 08.04.2011:
Nabu-Gruppe kritisiert Minister
Marbach Ortsgruppen-Vorsitzender schreibt offenen Brief an Landwirtschaftsminister Köberle.
Mit einem offenen Brief reagiert Klaus Ruge, Vorsitzender des Nabu Marbach, auf eine Meldung der Deutschen Presseagentur (dpa). In dieser hatte der Landwirtschaftsminister Rudolf Köberle den
Nabu-Landesvorsitzenden Andre Baumann laut Ruge als praxisfern bezeichnet. Zudem habe er behauptet, Baumanns Kritik am Umgang des Landes mit Streuobstwiesen beruhe auf einer "groben Unkenntnis
der Fakten", so Ruge.
"Ich empfinde es als Diffamierung, wenn Sie den von uns gewählten Landesvorsitzenden Dr. Andre Baumann als unwissend hinstellen. Immerhin ist Herr Baumann promovierter Biologe. Und wenn Sie Herrn
Baumann grobe Unkenntnis in Bezug auf die Streuobstwiesen vorwerfen, fühlen auch wir uns (. . .) angegriffen", schreibt Klaus Ruge unter anderem. Der Nabu Marbach begrüße jede Initiative des
Landes zur Erhaltung des Streuobstbaus. Allerdings sei die Tatsache, dass Baden-Württemberg das Land mit den meisten Streuobstwiesen sei, nicht in erster Linie Verdienst der Ministerien. Sondern
diese reagierten damit auf die Initiativen von Nabu und BUND. Grundsätzlich wolle der Nabu Kooperation, beispielsweise mit den Gartenfreunden. "Wir empfinden es aber als starke Brüskierung, wenn
bei der Vorstellung von Streuobstinitiativen, wie auf der Grünen Woche in Berlin, der Minister mit den Gartenbauvereinen auftritt - die Verbände aber, die sich am nachhaltigsten für
Streuobstwiesenschutz einsetzen, nicht beteiligt, ja nicht einmal erwähnt", kritisiert Ruge. "Ich bitte Sie, Ihre Verlautbarungen in Zukunft überlegter und ausgewogener zu gestalten." Im Übrigen
unterstütze der Nabu Marbach die Forderungen Baumanns zum Streuobstbau. red